Früh morgens brachen wir mit vollem Tatendrang zum Ossiacher See auf. Es war unser erster Trip an diesen See. Auch für uns war es ein Sprung ins kalte Wasser. Apropos kaltes Wasser – mit dem Wetter zum Baden hatten wir nicht viel Glück. Die Sonne war eher Mangelware während dieser Woche. Des Öfteren schauten Gewitter und Regenschauer vorbei, doch diese Abkühlung erhöhte unsere Chance auf einen Fisch. Wir nahmen somit dieses Wetter gerne an. Bezüglich des Karpfenangelns wusste ich nur so viel, dass es riesige makellose Gelbmänner gibt aber oftmals der Bissanzeiger stumm bleibt.
Die ersten Nächte verliefen ruhig, wobei schlafen konnten wir nicht viel. Ständig wurden wir von kleinen Weißfischen aufgeweckt und genervt, die unseren Hakenköder berührten. Erst nachdem ich mir beim Fischertreff in Villach (Fa. Falle) den „Superwrap“ von Korda in der passenden Größe besorgte, blieb zumindest der Hakenköder unversehrt die Nacht über am Haar. Ein kurzes Gespräch mit einem Verkäufer brachte mir etwas mehr Klarheit über die aktuelle Situation am See ein. Gewendet hat sich das Blatt erst als ich mich am See mit einem einheimischen Karpfenfischer austauschte.
Prompt bekamen wir binnen kurzer Zeit zwei Bisse diese Nacht. Mein Fisch stieg leider aus, als ich ins Schlauchboot stieg. Martin konnte seinen Biss nützen. Er konnte sich mit einem wunderschönen Schuppenkarpfen mit etwas mehr als 10kg ablichten lassen. Auch die Weißfischaktivität ließ merklich nach. Am nächsten Abend war es noch früh und es meldete sich erneut ein Bissanzeiger. Als ich einen Wels mit 1,20m über den Kescher führen konnte, war mir auch klar, warum die Weißfische etwas dezimierter auftraten. Sonst blieb es ruhig und auch die nächste Nacht hatte außer einem Gewitter nichts zu bieten. Mit diesen zwei Fischen waren wir schon mehr als zufrieden. Es wurde noch besser, viel besser muss man sagen. Irgendwie habe ich gespürt es kommt noch was. Doch was kam, hätte ich mir nicht erträumen lassen.
Als die Ruten ausgelegt waren und wir uns nach dem Duschen in der Küche einfanden, um eine weitere Runde Karten zu spielen, sang plötzlich aus dem Nichts mein Bissanzeiger ein wunderschönes Lied. Ich nahm die Rute auf und verspürte sofort, das ist etwas Besonderes. Also schnell ins Boot und ab zum etwa 100m entfernten Fisch. Der Fisch klebte am Grund wie ein Sack voll Steine. Schnell wurde mir klar, es ist womöglich wieder ein Wels, nur sicher etwas größer als der Erste. Nach einem halbstündigen Drill auf dem See konnte ich einen Wels mit 1,60m und fast 25kg landen. Diese beiden Beifänge beim Karpfenangeln haben die Weißfische vertrieben. Da sich die Welse jedoch aktuell in Schonzeit befinden, wurden sie umgehend zurückgesetzt. Die Rute legte ich mit gleichem Köder und etwas Futter wieder am selben Spot aus. Es war kurz nach drei Uhr morgens als mich erneut ein Dauerton alamierte. Die Rute von vorhin hat wieder zugeschlagen. Schnell befand ich mich mit einem Boot wieder über dem Fisch. Doch diesmal fühlte es sich zwar genauso schwer an wie vorher, doch das Verhalten des Fisches passte zu einen Karpfendrill. Je länger es dauerte, desto mehr fingen meine Knie an zu zittern, und ich wusste ja, welche Fische hier möglich sind. Doch dieses Bild vor Augen, allein in der Nacht mitten am menschenleeren Ossiacher See einen Fisch zu drillen, hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Möchte ich nicht den Fisch schon in meinem Kescher wissen, könnte der Drill meinetwegen die ganze Nacht dauern. Als ich jedoch einen großen gelben Fleck unter dem Boot im Schein der Kopflampe ausmachen konnte, war es klar. Ein richtig guter Karpfen, mein erster am Ossiacher See, machte einen Fehler. Der Drill war noch lange nicht zu Ende, da ich von nun an noch vorsichtiger drillte, um den Fisch ja nicht zu verlieren. Das konnte ich mir auch leisten, denn Hindernisse waren weit und breit keine zu finden. Nach etwa einer halben Stunde lag dann ein äußerst massiver Schuppenkarpfen seitlich am spiegelglatten Ossiacher See völlig erschöpft und Martin konnte den Fisch keschern. Ein Jubelschrei in die Stille der Ossiacher Nacht war die Folge. Mit Glücksgefühlen überhäuft fuhren wir zurück zu unserem Strand und wogen den Fisch. Meine Hoffnungen und Vermutungen wurden bestätigt. Dieser Fisch war mein erster +20kg Karpfen und gefangen in einem Naturgewässer. Da hat mir Petrus eindeutig was Besonders gegeben. Unendlich dankbar wurde der Fisch nach einem Fotoshooting am frühen Morgen in sein Element zurückgesetzt.
Ein krönender Abschluss dieser Woche, ja eigentlich meiner diesjährigen Angelsaison. Ich muss mich jetzt voll und ganz das restliche Jahr auf meine berufliche Ausbildung konzentrieren und werde, wenn überhaupt, nur ein paar einzelne Tage ohne Vorbereitung ans Wasser kommen. Für diesen Fisch möchte ich mich bei meinem Angelpartner Martin und meiner Freundin Carina bedanken, die es mir ermöglicht haben, diesen Angelaufenthalt so zu genießen. Ebenso gehört auch ein großer Dank den Einheimischen für das Aufdecken von manchem fehlenden Puzzleteil, um im Hochsommer am Ossiacher See zu einem Fisch zu kommen.
Petri Heil
Stefan Secka